Neue Wege in der Öffentlichkeitsarbeit – Ein offener Brief an alle Kaktusclubs

Schwiegermuttersessel_Tontopf_1024
Autor:
2016_05_23_15_17_00_Greenshot
Kalleestr 5, 70469 Stuttgart, Mail: klick, Tel.: 0176-64041181
Aktiv bei den Kakteenfreunden Württembergs
Aktiv in der AG Echinopsishybriden
Mitglied der DKG

Aktuell wird über diesen Brief an folgenden Stellen im Netz diskutiert:

  1. Hier auf der Seite: http://vkw-kakteen.de/?p=568
  2. Diskussionsforum der DKG
  3. Kakteenforum.com

Inhaltsverzeichnis:

  • Hintergrund & Ausgangslage
  • Die Identität der Vereinsmitglieder – warum Verein?
  • Die „Jugend“ versammelt sich anders
  • Generation Y – wie ticken 17 bis 38 jährige?
  • Auswege
  • Zugangswege: Werbung in drei Schritten
    • Aufmerksamkeit schaffen
    • Bewertungsmöglichkeiten bieten
    • Mitmachen auf Probe – Reduktion der Eintrittshürden
  • Synergien nutzen – Zusammenarbeit der Kaktusclubs
  • Schlussbemerkung

 

Hintergrund & Ausgangslage

Liebe Kakteenfreunde aus nah und fern,
ein Blick auf die Mitgliederzahlen der Deutschen Kakteengesellschaft, sowie Gespräche über die Mitgliederzahlen in den einzelnen Kakteenvereinen bieten uns im Durchschnitt über die letzten Jahre hinweg ein relativ eindeutiges und mit wenigen Ausnahmen auch ziemlich einheitliches Bild: die Anzahl der Kakteenfreunde, die sich in Vereinen tummeln werden weniger und das Durchschnittsalter der Mitglieder in Kakteenvereinen steigt. Gerade Letzteres dürfte dazu führen, dass sich zukünftig noch weniger Einsteiger für Kakteenvereine interessieren: ein steigendes Durchschnittsalter senkt die Attraktivität für Neulinge – ein Teufelskreis mit integriertem Exponentialfaktor und im fortgeschrittenen Stadium vermutlich nahezu ohne Ausweg.
Dieses hier beschriebene Phänomen ist ein bekannter Prozess in vielen deutschen Vereinen. Angefangen vom Fußballverein über die Briefmarkensammler bis hin zu den Taubenzüchtern: Vereine sterben aus – e.V. ist out!
Im Rahmen unsere Vereinsarbeit bei den Kakteenfreunden Württembergs beschäftigen wir uns mit derartigen Fragestellungen seit einigen Monaten relativ intensiv. Auch wenn die Kakteenfreunde Württembergs mit aktuell ca 90 Mitgliedern (die glücklicherweise sogar seit einigen Jahren konstant steigen) vielleicht nicht zu den typischen deutschen Kakteenvereinen zählen, so hat man dennoch erkannt, dass alleine das steigende Durchschnittsalter sich zunehmen zu einem Damoklesschwert entwickelt. Außerdem ist die Erkenntnis gereift, dass es unsinnig ist im stillen Kämmerlein nach Lösungen für ein Problem zu suchen, welches eine Vielzahl an weiteren Vereinen betrifft.
Daher möchte ich Sie, mit der hier folgenden Zusammenfassung, teilhaben lassen an unseren Überlegungen und konkreten Schritten, die wir unternommen haben und weiterhin planen. Ich erhoffe mir hiervon eine fruchtbare Diskussion über die Ursachen der Problematik, mögliche Lösungswege und ein Feedback zu unseren konkreten Schlussfolgerungen – und vielleicht erreiche ich ja sogar, dass der eine oder andere Verein sich noch einmal aufrafft um das Thema mit neuem Mut in Angriff zu nehmen.
Auf eine konstruktive Zusammenarbeit!

Ihr

2016_05_23_15_17_00_Greenshot

Die Identität der Vereinsmitglieder – warum Verein?

Als wichtigste Frage, bevor wir uns tiefer ins Eingemachte bewegen, sehe ich die Frage der Identität der Vereinsmitglieder bzw. die Identität des Vereins: „Wer oder Was ist unser Verein?“ sollte die Frage lauten, die ein Verein eindeutig für sich zu klären hat. Um das etwas klarer zu machen, folgen hier zwei völlig gegensätzliche Beispiele – Positionen zwischen denen sich ein Verein grundsätzlich zu entscheiden hat, da sie definitiv nicht mit gleicher Gewichtung vereinbar sind:
a) „Wir sind ein Freundeskreis, der gemeinsam alt werden möchte.“
b) „Wir sind eine Interessengruppe mit gemeinsamen Werten, Errungenschaften und Erfahrungen, die wir an eine nächste Generation weiter vermitteln möchten.
Im ersten Falle besteht keinerlei Notwendigkeit sich um die Zukunft zu sorgen, da es ja ein fester Freundeskreis ist, der gemeinsam alt werden möchte. Es braucht keinen Nachwuchs und der Verein ist lediglich auf eine bestimmte Zeitspanne ausgerichtet.
Im zweiten Fall ist der Verein selbst nur Mittel zum Zweck. Das Konstrukt „Verein“ hat sich irgendwann mal als kluges Werkzeug erwiesen um den gemeinsamen Interessen nachzugehen und diese an die nächste Generation weiter zu vermitteln. Eigentlich braucht es keinen Verein, das Konstrukt Verein könnte im Laufe der Geschichte vielleicht sogar irgendwann hinderlich sein, da es im Kern ja um die Sache geht: gemeinsame Werte, Errungenschaften und Erfahrungen, die an die nächste Generation weiter vermittelt werden.
Ich möchte an dieser Stelle die Vermutung äußern, dass viele Vereine bei genauerer Betrachtung sich gerne zum zweiten Beispiel bekennen, ihr Handeln im Alltag jedoch eindeutig mehr in Richtung des ersten Beispiels tendiert: ein Freundeskreis, der gemeinsam alt werden möchte. Das ist ja erst mal nicht schlimm, nur darf man sich dann allerdings nicht darüber wundern, wenn es für Außenstehende (insbesondere jüngere Menschen) einfach nicht sexy ist zu solch einem geschlossenen Kreis hinzu zustoßen. Es geht hierbei nicht um die Tatsache, dass jeder, der das möchte mit in den Verein eintreten darf sondern um das Selbstverständnis, das komplette Handeln, welches sich schlussendlich in der Außenwirkung für potentielle neue Mitglieder manifestiert. Vereine vom Typus a) bestehen aus Mitgliedern mit einem für sie selbst unsichtbaren Stempel auf der Stirn: „geschlossene Gesellschaft!“
In den Fällen, in denen Gruppierungen sich zu ihrem Fortbestand über mehrere Generationen hinweg bekennen und verstanden haben, dass hier etwas zusätzlich getan werden muss, ist jedoch noch lange nicht gesagt, dass diese zusätzlichen Aktionen und Anstrengungen auch die erhoffte Wirkung zeigen. In vielen Gesprächen mit Vereinsmitgliedern auch aus anderen Ortsgruppen habe ich immer wieder Sprüche gehört nach dem Motto „haben wir doch alles schon mal ausprobiert – die Jungen wollen einfach nicht mehr mitmachen im Verein“.
Ich möchte an dieser Stelle bereits klarstellen, dass ich nicht die Umsetzung der Maßnahmen an sich als Herausforderung sehe. Vereine müssen sich mit dem stetigen Wandel der aktuellen Zeit auseinandersetzen, müssen Trends erkennen, müssen die jüngeren Generationen lernen zu verstehen und aus diesem Verständnis heraus sich fortwährend selbst neu erfinden. Die Konstante ist der Wandel. Falls dies nicht passiert entfernt sich eine Interessengruppe immer mehr von seiner Außenwelt, grenzt sich ab und entwickelt sich zu einer befremdlichen Parallelwelt. Es geht also um nichts weniger als um einen fortwährenden kulturellen Wandel an dessen Ende vielleicht sogar die Existenz des Konstruktes „Verein“ zu hinterfragen ist, da es eigentlich ja nebensächlich ist: es geht um die Sache, in unserem Fall um das Interesse an Kakteen und anderen Sukkulenten.

Die „Jugend“ versammelt sich anders

Eine einfache Recherche erhärtet sofort den Verdacht, dass es ja nicht wirklich weniger Kakteenfreunde auf der Welt gibt als vor 50 Jahren, sondern dass sich die Kakteenfreunde heute teilweise einfach anders mit ihrem Hobby beschäftigen, mit einer anderen Intensität und auf eine andere Form. Sie tun das zum einen weil sie einfach andere Möglichkeiten haben zum anderen aber auch weil Menschen heute einfach anders ticken als vor 50 Jahren.
Hier ein paar ausgewählte Online-Orte mit Kakteenfreunden, die ich auf die Schnelle mal gefunden habe. Es wäre sicherlich spannend dazu nochmal etwas detaillierter zu „forschen“. Folgende Fragestellungen hätte ich dabei als Vorschlag:

  1. Gibt es neben klassischen Foren und Facebook noch weitere virtuelle Treffpunkte?
  2. Ein Aktivitätsranking: Wie viele verschiedene Mitglieder z.B. innerhalb der letzten 30 Tage haben wie viele Beiträge verfasst?
  3. Aus welchen Ländern werden die virtuellen Orte jeweils besucht?

Es folgt hier eine einfache Auflistung ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit und zum Stand 13.2.2015:

Klassische Internetforen:

 

Facebook Gruppen:

  • flowerpoint-Kakteenforum: 1.465 Mitglieder
  • Kakteen- und Sukkulentenfreunde: 2.600 Mitglieder
  • Kakteen ohne andere Sukkulenten: 123 Mitglieder
  • Anonyme Kakteen- und Sukkulentensüchtige: 148 Mitglieder
  • Treffpunkt der Kakteen und Sukkulentenfreunde: 92 Mitglieder
  • Cactus Romania: 3.679 Mitglieder
  • Cactus Lovers!: 6.988 Mitglieder
  • Cactus y Suculentas: Variegadas, Mostruosas; Crestaciones; Muy Raras.: 13.982 Mitglieder
  • Cactus de Mexico: 9.677 Mitglieder
  • Cactus, succulentes and caudex: 18.297 Mitglieder
  • Cactus and succulents group list.: 10.040 Mitglieder
  • Cactus and Succulent India: 7.751 Mitglieder
  • CACTUS Y SUCULENTAS: 18.991 Mitglieder
  • Ariocarpus et cetera: 2.494 Mitglieder
  • Opuntiads: 2.112 Mitglieder
  • GYMNOCALYCIUM: Colección Privada: „Ariel Piñal; Genero Gymnocalycium“: 9.474 Mitglieder
  • Colección Ariel Piñal. Buenos Aires; Argentina.-: 10.265 Mitglieder
  • MAMMILLARIAS.- GRUPO „EN MUNDO“: 5.721 Mitglieder

 

Facebook Seiten:

  • DKG – Die Deutsche Kakteen-Gesellschaft e.V.: 1.732 likes
  • Kakteenfotos: 941 likes
  • Kakteenfreunde Württembergs: 72 likes
  • kakteenforum.com: 1.313 likes

Facebook Interessen:

  • Kakteengewächse: 34.072 Personen gefällt dieses Thema

 

Hier treffen sich also Individuen, genau dann wenn sie Zeit und Lust haben, machen so lange mit wie sie Bock haben, hören dann auf, machen eine Pause, stellen wieder ein paar Fotos ein und wenn sie besonders interessiert sind, dann kommen sie sogar zu einem Treffen im Real Life. Grillfeste, Gartenbesuche, Kakteengärtnereien, Spezialführungen, Workshops, Vorträge, Erfahrungsaustausch und vieles mehr werden dann auf sogenannten „Forentreffen“ veranstaltet. Ich selbst bin, sofern das mit meinem Terminkalender vereinbar ist, zwei Mal im Jahr auf dem Treffen der Hybriden-AG und war schon auf Treffen von Kakteenforum.com und Kakteenforum.de. Es sind äußerst spannende, intensive Tage, man lernt die Menschen hinter ihren virtuellen Accounts kennen, knüpft Freundschaften über Ländergrenzen hinweg und lernt aus den Erfahrungen der Anderen – eine Bereicherung, die ich nie mehr missen möchte. Es ist jedes Mal ein Event, ein Abenteuer. Man fiebert etliche Wochen im Vorfeld darauf hin – es ist fast wie ein Rockfestival für Kaktusfreaks. Vor 30 – 40 Jahren wären solche Dinge undenkbar gewesen. Hier hat also offensichtlich ein Wandel stattgefunden.

Werfen wir einen Blick auf ein anderes Thema: den Fußball. Die Statistiken sprechen hier eine eindeutige Sprache. Die Mitgliederzahlen des DFB steigen kontinuierlich. Die Anzahl an aktiven Mannschaften hatte jedoch mit 180.000 ihren Höchststand im Jahr 2008 und ist seitdem um 10% gesunken auf 164.000. Einen überproportionalen Anteil daran haben die Mannschaften der A&B-Jugend (15-18 jährige Jungs) die im gleichen Zeitraum von 19.000 um 16% auf 16.000 gesunken sind. Bleibt also die Frage warum steigen die Mitgliederzahlen? Wir dürfen davon ausgehen, dass zum einen immer mehr junge Frauen in den DFB eintreten und insbesondere Eltern vermehrt ihre Kinder zum Fußball schicken, die dann aber mit fortschreitendem Alter hinschmeißen und sich für andere Dinge interessieren. Zum anderen vermute ich einen Anstieg des Durchschnittsalters der DFB Mitglieder. Hierzu konnte ich jedoch keine Statistiken finden. Ein Blick auf die Enthüllungen der letzten Jahre aus dem Dunstkreis von FIFA und DFB, kann ein Hinweis sein warum sich jüngere Menschen nicht mehr damit identifizieren können: intransparente Entscheidungen, Machenschaften, Politische Spielchen, Verdacht auf Korruption, Altherrenklub etc. Hinzukommt sicherlich, dass die heute zunehmend geforderte Flexibilität im Berufsleben feste, verpflichtende Trainingstermine erschweren. Ein Fitnesscenter 7 Tage 24h geöffnet ist hier einfach praktischer. Es wird sicherlich noch spannende Entwicklungen in diesem Bereich geben. Die Konkurrenz zu FIFA & CO ist bereits seit etlichen Jahren geboren und erfreut sich einer großen Beliebtheit: Freizeitfußball / Bunte Liga etc.

Generation Y – wie ticken 17 bis 38 Jährige?

Wenn ein Verein sich damit auseinandersetzt, wie er interessanter werden kann für potentielle Neumitglieder, dann stellt sich unweigerlich die Frage nach der Zielgruppe. Nach meinen Beobachtungen können wir aus heutiger Sicht diese für Kakteenvereine grob in zwei Gruppen einteilen:

  1. Ü50: Im Berufsleben hat man die ersten größeren Ziele erreicht oder man hat das Berufsleben bereits abgeschlossen. Im Privatleben sind die Verpflichtungen zurückgegangen und es entstehen Freiräume, es ist Zeit vorhanden für ein intensiveres Hobby. Es werden Erinnerungen an Interessen aus jüngeren Tagen geweckt und man beginnt mit der Sammlung von Kakteen.
  2. Jüngere Pflanzenfreaks aus der Generation Y: eine große Neugier für exotische Pflanzen, ein starkes Interesse an Experimenten in Fragen der Pflege und Vermehrung, begeistert von positiven Resultaten nach erfolgreichen Versuchen und intensiver Pflege und auf der Suche nach einem Ausgleich zu Schule, Studium oder Beruf.

Im Vereinsalltag geht es um die Frage der produktiven Zusammenarbeit dieser beiden Generationen. Wenn es jedoch darum geht neue Mitglieder zu gewinnen, dann sprechen drei Gründe dafür sich mit den jüngeren Pflanzenfreaks aus der Generation Y bevorzugt auseinanderzusetzen:

  1. Gespräche mit Kakteenfreunden über 50 ergeben meistens ein ähnliches Ergebnis: das Interesse für Kakteen wurde bei den meisten schon Jahrzehnte vorher geweckt. Anders formuliert: die Wirkung von Werbung für Kakteen erfolgt unter Umständen in einigen Fällen erst 15-20 Jahre später.
  2. Wenn wir das Durchschnittsalter senken wollen, dann braucht es mehr jüngere Mitglieder.
  3. Die jüngeren Pflanzenfreaks aus der Generation Y bringen Besonderheiten mit, die sie auch mit ihrem Eintritt in die Gruppe der Ü50 (in 10-15 Jahren) nicht einfach ablegen werden. Das heißt, wenn Vereine sich nicht auf das einstellen, was Pflanzenfreaks aus der Generation Y bereits heute an Eigenheiten mit sich bringen, wird es in 15-20 Jahren noch deutlich weniger Mitglieder geben, da dann Generation Y und Ü50 zusammenfällt.

Aus diesen Gründen möchte ich im Folgenden der Idee nachgehen, einen Kakteenverein konsequent auf eine Angemessenheit für Mitglieder der Generation Y auszurichten. Dass hierbei im Vereinsalltag jedoch ein besonderer Fokus auf der möglichst konfliktfreien Zusammenarbeit der jüngeren und älteren Mitglieder zu erfolgen hat, sehe ich als selbstverständlich.

Die Idee der „Generation Y“ ist ein Konstrukt aus der Soziologie. Es geht um die Idee einer „Geburtenkohorten“, im Falle der Generation Y die Geburtenjahrgänge 1977–1998 und deren überwiegender Gemeinsamkeiten. Es geht also um die Frage wie ticken 17 bis 38 jährige? In meinen eigenen Worten zusammengefasst, sehe ich die Gemeinsamkeiten der Generation Y wie folgt:

Eine nahezu unstillbare Neugier: die Frage „Warum“ ist essentieller Bestandteil der eigenen Individualität. Man gibt sich nicht mit den Dingen zufrieden, man möchte verstehen warum Dinge so sind wie sie sind. Eine äußerst starke Ablehnung von Hierarchien, von strengen einengenden Regeln. Im Berufsleben auf der Suche nach einem tollen Team, flachen Unternehmenshierarchien – im schlimmsten Fall sogar geprägt von starken Autoritätsproblemen. Das Ideal ist eine grenzenlose Transparenz (insbesondere für Entscheidungsprozesse), Partizipationsmöglichkeiten für Entwicklungen und Veränderungen jedoch ohne sich selbst daran dauerhaft binden zu müssen: Freiheit, Flexibilität und unter keinen Umständen lebenslänglich binden. Die äußerst starke Nutzung der modernen Kommunikationsmittel wie Tablets, Facebook, Smartphones etc. – sehe ich eigentlich als logische Konsequenz der obigen Darstellung: Transparenz, Partizipation und Unverbindlichkeit.

Wenn nun diese Generation Y auf einen der oben beschriebenen Vereine trifft, vielleicht sogar auf den Typus a), den „gemeinsam alternden Freundeskreis“, dann sind die Konflikte quasi vorprogrammiert. Die Generation Y hat zudem eine höllische Angst vor Vereinsmeierei. In der Vorstellung von Mitgliedern der Generation Y haben Vereine ein zu starkes Verharren in veralteten Strukturen, sind zu stark auf Formalismen bedacht, haben zu viele kleinkarierte Konflikte im Vereinsalltag. Am Ende schwingt vielleicht sogar der Vorwurf mit, dass Vereinsmitglieder durch eine Teilnahme am Vereinsgeschehen ihr mangelhaftes Ansehen im Berufsleben kompensieren und ihre eigentliche Intension der Vereinsmitgliedschaft in der Erhöhung des eigenen sozialen Status liegt.

Ergänzend hierzu kommt das heutige Image eines Kakteenvereins. Wenn wir heute Menschen auf der Straße fragen, was sie für Vorstellungen von einem Kakteenverein haben, dann liegt das vermutlich irgendwo zwischen Hausmeister Krause mit seinem Dackelclub und Carl Spitzwegs verträumtem Kaktusliebhaber.

All die oben aufgeführten Punkte führen nicht wirklich dazu, dass Menschen im Alter von 17 bis 38 Jahren aufspringen und rufen „Kakteenverein – jawohl, dass wollte ich schon immer!“ Da ich mit meinen 35 Jahren selbst zu dieser Geburtenkohorte gehöre, kann ich diese Problematik aus etlichen Gesprächen mit Menschen aus meinem Umfeld bestätigen: die Tatsache, dass ich einige Tausend Kakteen habe, ist immer wieder gut für ungläubige Augen, interessierte Rückfragen und ein Stückchen Respekt. Die Tatsache, dass ich Mitglied in einem Kakteenverein bin, wird dagegen eher als komisch, unverständlich und altbacken wahrgenommen.

Auswege

Wenn wir nun also den Wunsch formulieren, dass die Anzahl an Mitgliedern in einem unserer Kaktusclubs steigen möge, dann sehe ich aufgrund er obigen beiden Zielgruppen die Notwendigkeit einer Doppelstrategie. Die Frage könnte also lauten: „Wie begeistern wir Mitglieder der Generation Y für einen Beitritt in einem Kakteenverein ohne die Gruppe der Ü50 von einem Beitritt abzuschrecken?“

Wenn wir nun davon ausgehen, dass Generation Y dorthin geht wo sie sich mit ihren Idealen wieder erkennt, wo Transparenz, Freiheit und Spielräume vorhanden sind, dann ergibt sich hieraus die Frage wie sich eine Interessengruppe so ändern kann, dass sie spannend wird für Mitglieder der Generation Y. Nach obigen Erläuterungen ist das alles andere als ein leichtes Unterfangen, da „Verein“ mit all seinen Dingen wie Hierarchien, Regeln, historisch gewachsenen Eigenheiten etc. nahezu diametral dem gegenübersteht was Generation Y an Idealen pflegt. Die Frage lautet also auch: braucht es „Verein“ oder wie viel von dem was wir als „Verein“ kennen, braucht es? Oder zumindest „wie stark muss „Verein“ im Vordergrund stehen?“

Eine solche Frage wird für manchen im bisherigen Kreis der Vereinsmitglieder als unsinnig, als frech oder gar als unverschämt erscheinen und vermutlich werden nicht alle das Verständnis und den Mut haben an derartigen Grundsatzfragen zu rütteln. Gehen wir jedoch zurück zur ursprünglichen Frage der Identität, dann bleibt es eben zu klären ob eine solche Interessengruppe sich als gemeinsam alternder Zirkel verhält oder ob sie ein ernsthaftes Interesse daran hat ihre Interessen, ihre Werte, ihre Erfahrungen an eine Folgegeneration weiter zu vermitteln, mit all den damit verbundenen Konsequenzen. Schlussendlich landen wir bei einem vielfach bekannten Problem der Schuld-Perspektive: wenn sich die Welt verändert und ich bleibe stehen, dann ist entweder die Welt doof oder ich begreife, dass ich mich ändern darf und somit wieder einen positiven Zugang zu meiner Außenwelt erhalten.

Zugangswege: Werbung in drei Schritten

Gehen wir nun davon aus, dass eine Interessengruppe willens ist sich zu ändern, dass sie verstanden hat, dass eine Ausrichtung auf eine Folgegeneration stattfinden soll. Dann ergeben sich aus meiner Sicht drei notwendige Bereiche, die synchron bearbeitet werden müssen:

  1. Aufmerksamkeit schaffen: „HAAALLOOO! Haben Sie schon mal was von einem Kakteenverein gehört?“
  2. Bewertungsmöglichkeit bieten: „Kakteen sind ja eigentlich ganz spannend, aber wer sind denn diese Kakteenfreunde? Was sind das für Vögel? Briefmarkensammler, Stricktanten, Dackelzüchter?“
  3. Mitmachen auf Probe – Reduktion der Eintrittshürden: „Kann ich da irgendwo mal zuschauen ohne, dass mir da jemand gleich eine Versicherung verkauft? Muss ich da sofort Mitglied werden oder kann man da einfach mal schnuppern?“

Konkret könnte dies für diese drei Gruppen Folgendes bedeuten:

Aufmerksamkeit schaffen

(„HAAALLOOO! Schon mal was von einem Kakteenverein gehört?“)

In über 300 Begegnungen mit Besuchern unserer Aussaataktionen in einer nahegelegenen Kakteengärtnerei im Jahr 2014, konnte ich einen etwas tieferen Einblick erhalten in die Interessenlage und die Bekanntheit von Kakteenvereinen: es ist definitiv eine relativ große Neugier vorhanden sich Kakteen anzuschauen und mehr über diese kuriosen Gesellen zu erfahren, doch selbst bei denen, die schon über 100 Kakteen zuhause hatten, wusste kaum jemand, dass es so etwas wie einen Kakteenverein in der Region gibt geschweige denn eine Deutsche Kakteengesellschaft.
Daraus ergeben sich für mich folgende grundsätzliche Ideen:

  1. Mehr Präsenz in den umliegenden Zeitungen zeigen (Hiermit erreichen wir vermutlich vor allem die Gruppe Ü50)
  2. Dort präsent sein, wo sich Pflanzenfreunde treffen: Messen, Veranstaltungen, Börsen, Gärtnereien, Botanische Gärten etc.
  3. Intensivere Zusammenarbeit mit umliegenden Ortsgruppen um gemeinsam noch stärker aufzutreten und um Erfahrungen auszutauschen.
  4. Flyer erstellen und diese verteilen an Nachbarn, Freunde, Bekannte, Gärtnereien, Botanische Gärten…
  5. Grundsätzlich ein mutigeres, frecheres Auftreten.

Bei den Kakteenfreunden Württembergs haben wir zu obigen Punkte konkret die folgenden Dinge umgesetzt bzw. in Planung:

  1. Wir haben eine Pressemappe erstellt und gehen nun mit dieser gezielt auf lokale Zeitungen zu um im Idealfall direkt vor unserer Großveranstaltung den Süddeutschen Kakteentagen mehrere Beiträge in der Presse zu bekommen. Dies soll dann übers ganze Jahr hinweg fortgeführt werden mit weiteren saisonalen Themen wie z.B. Blütenbilder, Pflegetipps im Sommer und die richtige Versorgung der Pflanzen im Winter. Hierzu wurden bereits Kontakte mit Redakteuren geknüpft, die in der Zukunft aktiv am Leben erhalten werden sollen. (Unsere Pressemappe: hier)
  2. Wir haben im Jahr 2014 in der Kakteengärtnerei Uhlig 4 Auftritte im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen gehabt. Hierbei sind wir davon abgekommen einfach nur als Infostand anwesend zu sein sondern vielmehr haben wir sogenannte „Aktivmodule“ entwickelt mit denen wir sämtliche Besucher versuchen anzusprechen. Die bisher häufigste Aktion war die Aussaatstation, bei welcher jeder Besucher ein fertiges Töpfchen mit Kakteenaussaat für die eigene Fensterbank bekommt. Hierzu haben wir eine vereinfachte Aussaatmethode entwickelt, die ohne jegliche Folienabdeckung und Schimmelgefahr auskommt. Das Motto hierbei: „Kakteenaussaat auf der eigenen Fensterbank – kinderleicht!“. Außerdem haben wir bei der Gärtnerei Uhlig einen Pfropfworkshop veranstaltet und in Zusammenarbeit mit der Kunstakademie ein Kakteensymposium (3 Kurzvorträge) in der Stuttgarter Innenstadt veranstaltet. 2015 planen wir die Aktionen in der Gärtnerei zu wiederholen und zusätzlich 5 Tage auf den Enzgärten in Mühlacker aktiv zu sein. Das Auftreten bei den Süddeutschen Kakteentagen soll optimiert werden und neben der Aussaataktionen wollen wir 2015 auch die Hackschnitzelvermehrung bei unseren Aktionsevents anbieten. Grundsätzlich gäbe es dann vielleicht noch die Möglichkeit auf der Stuttgarter Gartenmesse vom 9.4 bis 12.4. gemeinsam mit der Gärtnerei Uhlig aktiv zu werden, da diese jedoch teilweise parallel zu den Süddeutschen Kakteentagen stattfindet, prüfen wir aktuell noch in welcher Form das gehen kann und Sinn macht. Zusätzlich werden wir beim Tag des Botanischen Gartens in Tübingen mit einem Aktionsstand dabei sein. Außerdem finden in den nächsten Wochen weitere Gespräche mit der Wilhelma statt um zu eruieren in wie fern gemeinsame Aktionen in Zukunft gestartet werden könnten. Einen Einblick in unser Angebotsportfolio für Messen, Gärtnereien und weiteren Institutionen finden Sie hier. Einen Ratschlag für wiederkehrende Großveranstaltungen habe ich noch: denken Sie sich ein Konzept aus, wie Sie dauerhaft mit den Besuchern auch nach der Veranstaltung in Kontakt bleiben können z.B. über einen Newsletter und erarbeiten Sie eine Idee, wie Sie die Wirksamkeit Ihrer unterschiedlichen Werbekanäle erfahren. Unser Beispiel: ein Gewinnspiel bei dem man bepflanze Schaukästen bewertet und hierzu einen Zettel ausfüllt. Unser Beispiel finden Sie hier.
  3. Bei Ausflügen praktizieren wir das schon länger, 2015 kommt hier jedoch ein neues und anderes Kapitel hinzu: die Zusammenarbeit mit anderen Ortsgruppen. Die Auftritte auf den Enzgärten in Mühlacker werden wir gemeinsam mit den Kakteenfreunden Pforzheim durchführen. Siehe auch hier.
  4. Wir sind seit einigen Jahren am Experimentieren mit Flyern. Welche Dinge müssen auf so einen Zettel, welche Farben, wo genau verteilen etc. Unseren aktuellsten Flyer finden Sie hier. (finaler Ausdruck dann auf DinA6)
  5. Ein mutigeres und frecheres Auftreten: nachdem wir realisiert haben, dass wir mit unseren 14-tägigen Vorträgen und im Jahr 2015 über 12 zusätzlichen Aktionstagen ziemlich aktiv unterwegs sind, kamen wir zu dem Schluss, dass wir im Jahr 2015 den folgenden Slogan für uns ausprobieren möchten: Kakteenfreunde Württembergs – die Kaktuskompetenz im Schwabenland und der wahrscheinlich aktivste Kaktusclub der Welt! Auch wenn es vielleicht noch „längere Pralinen“ gibt, so ist dieser Slogan für uns intern ein wichtiger Schlachtruf für das Jahr 2015. Nach einem Jahr werden wir dann diesen Slogan kritisch hinterfragen und eine erneute Entscheidung treffen.

Bewertungsmöglichkeiten bieten

(„Kakteen sind ja eigentlich ganz spannend, aber wer sind denn diese ‚Kakteenfreunde‘? Was sind das für Vögel? Briefmarkensammler, Stricktanten, Dackelzüchter?“)

Die Frage ist also wie/wo Interessenten uns bewerten können und was genau sie dabei wahrnehmen. Nach unserer Erfahrung ist das persönliche Gespräch die beste Variante um einen bleibenden positiven Eindruck zu hinterlassen. Wir brauchen also Orte an denen es möglich ist ins Gespräch zu kommen. Hierzu haben sich für uns die oben angesprochenen Aktionstage als ideal erwiesen. Wichtig hierbei ist jedoch, dass man nicht darauf wartet bis man angesprochen wird sondern dass man selbst die Initiative ergreift und wenn das am Anfang mit einem vorgefertigten Sprüchlein ist, ist das auch in Ordnung. Beispiel: „Kakteenaussaat auf der eigenen Fensterbank ist Kinderleicht. Hier gibt es gratis, fertige Aussaattöpfchen inklusive Anleitung. Wem darf ich das nächste Töpfchen schenken?“

Im weiteren Verlauf wird es dann dazu kommen, dass Interessenten sich trauen einen Vortrag zu besuchen. Stellen wir uns vor, da kommt eine Person das erste Mal in ihrem Leben zu einem Vortragsabend der Kakteenfreunde. Was nimmt diese Person wahr? Wie wird sich diese Person fühlen? Was muss jetzt passieren damit diese Person noch 500 Mal wiederkommt? Um das vielleicht etwas nachempfinden zu können, stellen Sie sich einfach eine Situation vor, die Ihnen persönlich völlig fremd ist: waren sie schon mal auf einem Heavy Metal Konzert? Waren Sie schon mal in einer Moschee? Waren Sie schon einmal eingeladen auf einer Hochzeit in Namibia? Hatten Sie schon einmal ein gemeinsames Abendessen mit Angela Merkel? Was würden wir uns in den Fällen wünschen, wenn wir als Fremde einen Schritt wagen, diesen bisher unbekannten Kreis etwas näher kennen zu lernen?

Hier folgt eine Ideensammlung für Kakteenvereine:

  1. Persönliche Ansprache des Gastes
  2. Einen Platz suchen und die 3-4 Leute im Umkreis mit ihm bekannt machen
  3. Erklären was am heutigen Abend so alles passiert: Vortrag, Essen und Getränken etc.
  4. Adressenaustausch
  5. Bestimmung eines Kaktuspaten, der sich in regelmäßigen Abständen mit dem Neuling austauscht, trifft, anruft etc.
  6. Ein vorgefertigtes Faltblatt für Neulinge mit 4-5 Ansprechpartnern (Fotos, Anschrift, Sammelschwerpunkte), die allesamt gerne Besuch in ihren Gewächshäusern bekommen.
  7. Begrüßung des Gastes in der Runde: „Hr./Fr. XY aus Musterstadt ist heute bei uns zu besuch. Wer aus der Runde kommt denn aus der Nähe von Musterstadt? Da gibt es doch ein schönes Gewächshaus zu besichtigen… Bitte nachher Adressen austauschen zwecks Besichtigung.“
  8. Der Gast sollte niemals mit leeren Händen nach Hause gehen: Stecklinge, Pflegeanleitung, eine Pflanze etc.

Gerade wenn „Generation Y“ auf „Verein“ trifft, dann sehe ich hier eine zusätzliche wichtige Baustelle: die Reduktion von Abschreckendem. Jedwedes kleinkariertes, engstirniges, altbackenes, übertrieben formalistisches und streng hierarchisches Verhalten erhält von Mitgliedern der Generation Y sofort den Stempel „Spießer“ und ist damit eine potentielle Quelle für Ablehnung. Wenn Menschen zusammentreffen, dann kann das zu Konflikten führen. Das wissen auch Mitglieder der „Generation Y“. Die Frage ist nur wie geht man mit Konflikten um? Wie geübt sind ein Verein bzw. dessen Mitglieder in offener, transparenter, ehrlicher Kommunikation? Wo, an welchen Stellen braucht es wirklich hierarchische Strukturen und Formalismen? Wie dick muss ein Verein das nach außen hin auftragen dass er ein Verein ist?

Das Trainieren von Weltoffenheit ist ein sehr großes, komplexes und permanentes Übungsfeld. Die wesentlich einfacheren Dinge liegen in der Symptombekämpfung wie z.B. der Anpassung der physischen Außendarstellung. Vor diesem Hintergrund haben wir eine massive Umstellung unserer Website vorgenommen. Technisch gesehen sind wir umgestiegen auf WordPress und sind somit in der Lage in Zukunft sehr schnell aus tausenden kostenlosen Designs oder Plugins uns den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen. Über solche Plugins wird aktuell eine nahtlose Verzahnung zu unserem Facebook Account gewährleistet – Youtube ist noch in Planung. Außerdem ist eine Bearbeitung der Website-Inhalte ohne zusätzliche Software und ohne große PC-Kenntnisse möglich und es ist eine Interaktion mit den Besuchern der Website möglich: zu jedem Beitrag können Kommentare abgegeben werden. Die Website ist gewissermaßen als sich ständig erweiterndes Bilderbuch konzipiert: Eindrücke aus dem Leben der Kakteenfreunde werden hier Stück für Stück ergänzt. Unser Ziel liegt bei mindestens einem neuen Beitrag pro Monat mit jeweils mindestens drei Fotos. Bei den Texten und den Darstellungen der Website wurde bewusst darauf geachtet, dass die Sprache „frisch“ ist und sämtliche Begriffe oder Abkürzungen mit Störpotential für eine Generation Y ausgemerzt bzw. stark in den Hintergrund geschoben werden. Beispiele dieser Begriffe sind: „Verein“, „1904“, „e.V.“, „VKW“, „Vorstand“, „Vereinsheim“. Wir versuchen also die Website konsequent auszurichten auf jüngere, potentielle Mitglieder. Natürlich ist das nicht ganz unkritisch, wenn ich ein Foto mit 40 Personen aus der Gruppe Ü50 vor einem Reisebus auf ihrer Reise nach Italien bewusst von der Website verbanne und stattdessen die drei jüngsten Mitglieder beim Kaffeetrinken vor der malerischen Kulisse eines Klatschmohnfeldes ablichte. Aber so funktioniert eben Werbung: die Schokoladenseite für die entsprechende Zielgruppe zeigen. Beim ersten Besuch auf einem Vortragsabend haben wir dann 3 Minuten Zeit um zu beweisen, dass „Ü50“ auch ganz sympathisch und witzig sein können. Das funktioniert insbesondere dann, wenn man ein gemeinsames Interessengebiet hat: die Kakteen und andere Sukkulenten.

Weitere Ideen zum Block „Bewertungsmöglichkeit“ sehe ich in der Betrachtung von Trends. Werfen wir z.B. einen Blick auf die seit einigen Jahren wichtigste Gartenzeitschrift: Landlust (Link 1, Link 2). Dann kommt mir sofort die Frage, warum war dieser Boom möglich? Was hat das mit Kakteen zu tun? Wie würde man Kakteen in der Landlust präsentieren? Tontöpfe? Winterharte? Wie schaffen wir es, dass Kakteen etwas mehr „trendy“ werden‘?

Mitmachen auf Probe – Reduktion der Eintrittshürden

(„Kann ich da irgendwo mal zuschauen ohne, dass mir da jemand gleich eine Versicherung verkauft? Muss ich da sofort Mitglied werden oder kann man da einfach mal schnuppern?“)

Es ist weder das Vorhandensein von blanko Mitgliedsanträge noch die ausgedruckte aktuelle Fassung der Vereinssatzung, die dazu führen, dass Menschen sich in einer Interessengruppe beteiligen. Auch ausschweifende Begründungen warum der Mitgliedsbeitrag von 26,50€ genau am 1.1. eines Jahres eingehen muss, sehe ich als kontraproduktiv. Wenn ein Mitglied der Generation Y sich dazu entschließt irgendwo mitzumachen, dann hat das was mit der Sache zu tun. Dass das vielleicht etwas Geld kostet und ob das nun 12€ oder 45€ im Jahr sind, ist dabei vermutlich völlig egal. Ich vermute sogar die folgende Regelung würde eine verblüffend positive Wirkung zeigen: „knausrige Schwaben zahlen 23,50€, alle anderen dürfen gerne etwas großzügiger sein.“ Ob es dabei eine Vereinssatzung gibt oder nicht ist ebenso zweitrangig wie die Frage nach irgendwelchen Unterschriften. Wenn das eine jährliche Gebühr kostet, dann her mit der IBAN/BIC und ich erstelle sofort hier und jetzt mit meinem Smartphone einen Dauerauftrag oder mache es noch bequemer mit der Unterschrift für das Lastschriftverfahren.

Wenn es verschiedene Optionen gibt, dann ist das immer ein Pluspunkt. Hier mal ein Beispiel: „Für Neulinge ist die finanzielle Unterstützung unseres Clubs im ersten Jahr freiwillig. Der aktuelle Richtwert für den Mindestbetrag liegt bei 26,50€. Wer das nicht aufbringen kann, dem helfen wir natürlich gerne mit einer Sonderlösung. Bezahlen kann man bei uns bar, per Dauerauftrag oder per Lastschrift.“ Ich gehe davon aus, dass in solch einem Fall die Mehrzahl 30€ per Lastschrift beauftragen wird. Außerdem erzeugt der Hinweis „wer das nicht aufbringen kann…“ von einer hundertprozentigen Ausrichtung auf die Sache. Was beim Neuling vermutlich hängen bleibt: „Cool, die wollen das allen interessierten Menschen ermöglichen hier mit zumachen. I like!“

Als nächstes werfen wir einen Blick auf die Insider-Outsider-Frage: das Denken und Handeln in verschiedenen abgeschotteten Kreisen. In vielen Fällen sind Vereine wie folgt aufgestellt: Es gibt einen Präsidenten, darum gibt es den restlichen Vorstand, dann kommen die Mitglieder und zum Schluss die potentiellen Neumitglieder z.B. die Besucher der Süddeutschen Kakteentage. Der Austausch zwischen diesen Kreisen ist äußerst gering. Als Mitglied mal beim Vorstand zu schnuppern ist genauso abwegig wie Besucher der Süddeutschen Kakteentage, die mal auf die Seite der Mitglieder schnuppern dürfen. Aber genau das braucht es in einer funktionierenden Interessengemeinschaft: die Diffusion der Kreise. Einfache Mitglieder tendieren dazu sich ab einem gewissen Punkt als Konsumenten einer Dienstleistung aus dem Vorstand zu sehen. Eine Lösung hierbei könnte sein: den Verein auflösen und als einfache Interessengruppe weiter zuarbeiten oder zumindest die Verantwortung des Vorstandes auf ein äußerstes Minimum zu reduzieren, so dass einfach klar wird: was die Summe aller Mitglieder zusammen nicht hinbekommt, das gibt es dann einfach nicht. Ein Arbeiten ohne Hierarchien im Alltag, ohne feste Daueraufgaben und mit viel Raum für eigene Initiativen, Kreativität und Eigenverantwortung. Ein Leitungsgremium kümmert sich dann nicht mehr um Inhalte sondern lediglich um eine flexible Rahmenstruktur. Wie wäre das z.B. wenn der Veranstaltungskalender nicht von einer einzelnen Person erstellt wird sondern auf einer virtuellen Plattform im Kollektiv entsteht? Ein Blick in moderne Arbeitsmethoden wie zum Beispiel die agilen Ansätze in der Softwareentwicklung können uns hierbei einen ersten Hinweis geben, wohin die Reise im Berufsleben bereits geht und wohin das im Vereinsleben noch gehen könnte.

Wenn ich also davon ausgehe, dass Menschen, die zuvor mal schnuppern durften, danach mehr Interesse haben sich mit dieser Sache zu beschäftigen, dann bleibt die Frage wo und wie das genau möglich ist. Für die Kakteenfreunde Württembergs haben wir uns dazu Folgendes ausgedacht: wir informieren per Mail ehemalige Besucher wo wir Unterstützungsmöglichkeiten bei den Süddeutschen Kakteentagen sehen. Wir zeigen wie und wo an welchen Stellen man sich genau beteiligen kann. Als mögliche Handlungsfelder führen wir Folgendes auf: Saatgutspenden, Stecklinge, Pflanzen für die Tombola, Pflegeberatung, Füllen von Töpfchen bei der Aussaataktion, Verkauf von Losen, Aufbau/Abbau, aktive Teilnahme am Schaukastenwettbewerb. Ob sich hierbei nun tatsächlich viele Menschen melden, sehe ich als zweitrangig. Wir haben damit zum einen gezeigt was wir als Verein eigentlich so alles im Hintergrund spannendes tun und wir haben eine Brücke gebaut. Wir erhoffen uns davon, dass es Besuchern leichter fallen wird von ihrer Position „vor der Tombola“ zu wechseln „hinter die Tombola“.

Synergien nutzen – Zusammenarbeit der Kaktusclubs

Da von der oben beschrieben Thematik vermutlich die meisten Kakteenclubs in Deutschland betroffen sind, ist es für mich naheliegend insbesondere im Thema Öffentlichkeitsarbeit verstärkt zusammen zu arbeiten. Folgendes könnte ich mir spontan vorstellen als sinnvolle Punkte für eine Zusammenarbeit:

  • Bewertung von Maßnahmen/Aktionen etc.: „wie viele neue Mitglieder haben wir über die Aktion XY hinzugewonnen?“ oder „Mit der Aktion im letzten Sommer haben wir einen absoluten Fehlschlag erlitten weil…“
  • Bewertung der Zugangswege: „Die letzten 10 Mitglieder in unserem Club sind über die Wege A, B und C zu uns gestoßen. Dabei fällt auf, dass Personen über X Jahre eher den Weg A gewählt haben und jüngere Personen eher den Weg B“
  • Statistiken: Ist das wirklich so, dass das Durchschnittsalter in den Kaktusclubs steigt, oder ist das nur gefühlt so?
    • Durchschnittliches Alter der Mitglieder aktuell und die Entwicklung über die letzten 10 Jahre.
    • Wie viele Besucher waren auf unserem Aktionstag/Messen/Börsen?
  • Beschreibung und Bewertung von Referenten: Es ist oft nicht ganz einfach einen bisher nie gesehenen Referenten richtig einzuschätzen, was in manchen Fälle zu Fehlern führt. Spannend wäre also ein Register über Referenten, einer Beschreibung deren Schwerpunkte und eine Bewertungsmöglichkeit für Dritte. Das bietet zum einen dem Referenten die Möglichkeit sich selbst zu verbessern und zum anderen bietet es die Möglichkeit im Vorfeld sicherzustellen, dass ein Vortragsabend nicht zu einem staubtrockenen Detailgemetzel über irgendeinen Gattungsstreit verkommt (was für Neulinge einen Super Gau bedeuten kann.)
  • Virtuelle Plattform für Öffentlichkeitsarbeit: Wie wäre das mit einem gemeinsamen Ort an dem wir uns über unsere Aktionen, Maßnahmen, Erfahrungen konsequent austauschen? Wo könnte das sein?
  • Gegenseitige Unterstützung bei Aktionen: „Hilfe! Hamburg plant einen Aktionstag, braucht dafür aber noch 4 Helfer!“ oder „Ich möchte gerne mal bei den Kakteenfreunden Württembergs zuschauen, wie die einen Aktionstag durchführen.“
  • Sicherlich gibt es noch weitere Punkte, die ich hier gerne ergänze – einfach unten als Kommentar anfügen.

Schlussbemerkung

Ich hoffe, dass ich mit meinen Überlegungen etwas dazu beitragen konnte dem Thema Öffentlichkeitsarbeit einen neuen Schwung zu verpassen. Ich selbst sehe mich als lernendes Individuum und freue mich über jede Rückmeldung zu diesem Thema, gerne als Kommentar unter diesen Beitrag, als Email, per Telefon oder in den oben aufgeführten Internetforen.

Haben Sie eigene positive/negative Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit gemacht? Wo sehen Sie weitere sinnvolle Handlungsfelder?

Auf eine konstruktive Zusammenarbeit

Ihr

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